Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn, 2002

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Ein zartes Fenster in Blau-Grau-Schwarz-Tönen erscheint auf der einen Wand; nur leise bewegt sich ein Vorhang und träge, in Zeitlupe, bewegen sich Licht-Schatten-Spiele ... erst nach einer Weile erkennt man, dass es ‘das Zittern vom Schatten des Laubes eines Baumes ist, in dem sich das Licht Bahn bricht’ ... diese Erscheinung eines Fensters entstammt einem Projektor in einer der Vitrinen, in der anderen Vitrine findet sich das gleiche Bild wieder, gleichzeitig aber zeit-versetzt diesmal auf einem Bildschirm und mehrfach reflektiert durch Spiegelungen in Glasscheiben.

... Fenster, Spiegelungen, Reflexion, Projektion, Licht und Schatten, ‘time-delay’, stille und bewegte Bilder: viele Themen, die evokativ und bedeutungsschwanger sind: das Fenster: spätestens seit der Renaissance eine beliebte Metapher für das Bild, den Blick auf und in die Welt ... (obwohl spätestens seit Duchamp und Picasso die Bilder der Kunst diese Rolle vorerst verweigern) ... Spiegelungen und Brechung weisen uns darauf hin, dass es nicht um ein einfaches Spiel der Abbildung oder Illusion gehen kann ... das Fenster auf das wir sehen, sieht altmodisch aus, evoziert Verlassenes, Verträumtes ... es ist zwar ein bewegtes Bild, aber es dehnt die Zeit und spielt mit Bewegung, bewegt sich der Vorhang oder der Film?

Mit ihrer Video-Installation ‘Monrepos’ hat Anna Tretter die Eingangshalle des Instituts in eine Blackbox verwandelt ... aus der endlich herrschenden sommerlichen Helligkeit kommend, ist man zunächst verwirrt ...
...Der Titel MONREPOS spielt auf das gleichnamige Schloss in Ludwigsburg an, einem Juwel der Barockarchitektur ... dort hat Anna Tretter das Fenster ursprünglich aufgenommen, anlässlich einer geplanten vor Ort Arbeit während einer ihrer Ortsuntersuchungen, die ihren jeweiligen Installationen und Intervention vorausgehen. Damals zerschlug sich das Vorhaben, zum ersten Mal wurde die Arbeit dann im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden an eine Stelle platziert, an der vor den Umbauten ein Fenster war, der ‘Re-Import’ eines Fensters an der Außenfassade war noch sichtbar. Zuletzt setzte sie das Motiv in einer Arbeit in Posen ein, in dem sie in einen fensterlosen Raum, diese Projektion setzte, dort allerdings mit einem Fernseher zeitversetzt im Rücken des Spiegels.
Textausschnitt: Anne-Marie Bonnet, Eröffnungsrede zur Multimediainstallation im Khi

 

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Raumplan Kunsthistorisches Institut der Universität Bonn

 

Der Ort – Das Material des Bildhauers, Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden, 2000, Videoprojektion über Spiegel

monrepo wiesb web 02Um mehr Präsentationsflächen zu erhalten, wurden während des Umbaus 1978 alle seitlich zum Nachbarhaus offenen Fenster zugemauert. Anna Tretter importiert ein Fenster aus Monrepos mittels einer Videoprojektion (in Zeitlupe) an den ursprünglich von einem Fenster besetzten Platz in der Wand. Das Fenster als Ausblick in die Landschaft war beliebte Zugabe zum Portrait in Renaissancegemälden. Die Maler der Romantik nutzten das Fenstermotiv, um dem Betrachter, der zwar über die Schulter einer Rückenfigur schauen konnte, den Blick zu versperren und so eine unsichtbare Ferne zu thematisieren.
Anna Tretter importiert mittels Videoprojektion ein Fenstermotiv an die Stelle einer zugemauerten Fensteröffnung.
Katalogtext: Gottfried Hafemann


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Wiesbadener Tagblatt, 14. 11. 2000 und Allgemeine Zeitung Mainz vom 14. 11. 2000, Brigitta Melten: „Zwei Seiten, das Innen und Außen, verbindet Anna Tretters poetischer Re-Import eines Fensters. Innen ist es jenen glatten Wänden gewichen, die heute einfach zu Ausstellungen zählen – zu den white cubes.“
Wiesbadener Kurier v. 15. 11. 2000, Katinka Fischer: „Ratlos lässt Anna Tretter die Betrachter mit dem Re-Import eines Fensters zurück. Das verhängte reale Fenster wird ersetzt durch ein an die Wand projiziertes. Ein Hauch des Unwirklichen weht durch den Raum – was zu tun hat mit dem Flimmern und Flirren des virtuellen Fensters: Man weiß nicht, ob es dort draußen regnet oder die Luft vor Hitze vibriert. Es erschließt sich allerdings nicht, warum dafür der Lichtstrahl vom Projektor über einen Spiegel spitzwinklig umgeleitet werden muß.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung, S. 76, Nr. 299 vom 23. Dezember 2000, Marc Peschke: ...“Anna Tretters Videoinstallation bezieht sich ebenso auf Umbauten, und zwar jene im Jahr 1978: Damals wurden die Fenster zum Nachbarhaus zugemauert. Mit ihrer Videoprojektion macht die Stuttgarter Künstlerin diese Arbeiten nun wieder rückgängig.“

Video Monrepos